Die Flitterwochen waren nie konsumiert worden. Viel zu eilig hatte "Wes" es mit der Hochzeit gehabt und darauf bestanden, dass die Immobilie im reichsten Viertel der Stadt unverzüglich gekauft werden sollte. Eine kleine Wohnung würde nicht mehr reichen: Zu wenig Platz für zwei Personen und zu viele Gelegenheiten, um Geheimnisse unabsichtlich aufzudecken. Um ehrlich zu sein, hatte er alles in seiner Macht getan, um die Flitterwochenpläne bewusst zu durchkreuzen. Um Zweisamkeit zu entkommen. Er war es nicht gewohnt, sein Leben mit einem anderen Menschen zu teilen – schon gar nicht auf so engem Revier! Daher das luxuriöse, große und kalte Haus, in das sie jetzt einzogen.
Seitdem er die Identität des verstorbenen Weston Cavige angenommen hatte und sich ohne Abschluss und Training als hohes Tier beim FBI ausgeben musste, hatte Dan keine ruhige Minute gehabt. Nachts war er gezwungen, Recherche über alle laufenden Operationen zu betreiben, um die Voraussetzungen seiner Tarnung aufrecht zu erhalten. Das letzte was er benötigte, war ein Fremdkörper im Haus. Sein letzter Rückzugsort – nun auch infiltriert vom Feind! Seine letzte Möglichkeit, er selbst – Dan Riggs – zu sein, lösten sich mit jeder Treppenstufe in Luft auf.
Er hatte Amelia angeboten, vorzufahren und ein paar Dinge „einzurichten“. So wie er versprochen hatte, die Flitterwochen „nachzureichen“. Die Lage zu checken. Einen Scheiß würde er tun. Innerlich verkrampft trat er gegen die noch verpackten Kisten im Flur und zündete sich eine Kippe an. Dan rauchte; Weston Cavige nicht! Solange er alleine war, konnte er die Maske für eine Sekunde ablegen und er selbst sein. Mit geschlossenen Augen inhalierte er den Rauch und lauschte dem blöden Springbrunnen in der Einfahrt.
Im Hintergrund blökten ein paar Lieferanten, die die Möbel auf dem Kies der Einfahrt abluden. Danach ein Schrei. Und schon tauchte der Urheber in der Tür auf: der hässlichste Hund der Welt glotzte durch den Türspalt und funkelte Dan aus besessenen Schlitzen stolz an. Der kleine, aggressive Mops war das nächstbeste Vieh, was Dan in der Tierhandlung hatte greifen können. Auf dem Bild - als kleiner Welpe - hatte der Mops noch nach dem feuchten Traum einer jeden Frau ausgesehen. Ein Geschenk zur Hochzeit. Doch das Biest war vom Teufel persönlich besessen, hatte einen IQ über dem Durchschnitt und lies keine Gelegenheit aus, um Schaden anzurichten. Das Biest schien Amelia allerdings aus unerfindlichen Gründen zumindest zu respektieren. Gleich und gleich gesellte sich wohl, dachte Dan und trat die Tür vor den Augen des Hundes zu. Er hatte den hässlichen Kretin „Atom“ getauft – aus purer Boshaftigkeit.
@Amelia Cavige